Albanien 2018 – Teil 7: Ohridsee, Mazedonien

Land Nummer 22

Freitag, 27.07.2018

Guten Morgen aus Peshkopia. Die 13.000-Einwohner-Stadt liegt auf rund 650 Metern Höhe, was sich über Nacht mit angenehmen Temperaturen bemerkbar machte. Ausgeschlafen genehmige ich mir eine Dusche, welche aus einem mittig an der Badezimmerdecke montierten Wasserrohr mitsamt Absperrhahn und Duschkopf besteht. Schön warm ist das Wasser, und man kann während des Duschens nicht nur auf Klo gehen, sondern auch gleich noch die Zähne am Waschbecken putzen. Wie praktisch. 😉

Kreisverkehr, Peshkopia

Kreisverkehr, Peshkopia

Für den Vormittag habe ich mir eine Stadtbesichtigung vorgenommen. Peshkopia selbst hat so gut wie keine touristische Infrastruktur zu bieten und versprüht an vielen Ecken noch den Charme aus dem kommunistischen Zeitalter, auch wenn durchaus Modernisierungsmaßnahmen wie die erst kürzlich hergerichtete Fußgängerzone ein paar frische Akzente in die Stadt bringen.

Denkmal des albanischen Nationalhelden Skanderbeg

Denkmal des albanischen Nationalhelden Skanderbeg

Die relativ neue Fußgängerzone ist gesäumt von altem Baumbestand. Hier reiht sich ein Café an das Nächste, und auch die wichtigsten Einrichtungen der Stadt wie Verwaltungsgebäude, Banken, die Post oder zwei Hotels sind hier zu finden. Hinter einer Statue des albanischen Nationalhelden Skanderbeg befindet sich etwas versteckt die örtliche Touristeninformation. Ich wage mich hinein, um mir einen Überblick über die Stadt zu verschaffen, und habe das Gefühl, seit Jahren der erste Tourist hier zu sein. Wo ich herkäme, warum ich nach Peshkopia gekommen sei, ob es das erste Mal in Albanien für mich sei, werde ich gefragt, und ob ich bereit wäre, einen Umfragebogen auszufüllen. Selbstverständlich bin ich das, und ich lasse sogar noch ein Andenkenfoto für die Pinnwand von mir mit den Mitarbeitern machen.

Fußgängerzone, Peshkopia

Fußgängerzone, Peshkopia

Gleich nebenan befindet sich das städtische Museum. Dies ist die ungefähr einzige “Attraktion” der Stadt neben den Heil- und Schwefelquellen am Stadtrand. Ich bin neugierig und betrete das Museum. Eine Frau im weißen Kittel sitzt gelangweilt und ob des einzigen Besuchers überrascht in einem kleinen Nebenraum und deutet mir, mich in den Räumlichkeiten umzusehen. Dafür schaltet sie sogar extra das Licht ein. In großen Schwarzweiß-Bildern ist die Geschichte der Region Dibra erzählt, der Geburtsregion von Skanderbeg. In einem weiteren Raum, der mehr an eine Schul-Aula erinnert, befinden sich Modelle von traditionellen Häusern und Gehöften sowie viele alte Krüge und Werkzeuge; die Beschriftungen dazu stammen mit Sicherheit noch aus kommunistischen Zeiten. Sie sind leicht vergilbt und handgeschrieben, aber leider ausschließlich auf albanisch.

Die einzige Attraktion in Peshkopia: Das Museum

Die einzige Attraktion in Peshkopia: Das Museum

Die Museumswärterin läuft derweil zu Hochtouren auf. Ich solle mir unbedingt noch dieses oder jenes Exponat anschauen, und jetzt bitte schnell mit ihr nach oben gehen. Im Stechschritt bekomme ich eine ganz private Führung durch das Museum, im oberen Stockwerk ist traditionelle Kleidung ausgestellt und Einrichtungsgegenstände von alten Wohnungen. Zeit zum Verschnaufen bleibt nicht, in ihrem Redefluss überschlägt die Gute sich fast und erklärt, wie man mit altem Gerät Butter herstellte oder dass Frauen die hübscheren Gewänder trugen als Männer. Jedenfalls ist es das, was ich verstehe. Dass ich eigentlich gar nichts verstehe, interessiert sie nicht. Am Ende der Tour bedankt sie sich mit Handschlag, und ob ich noch einen Gruß im Gästebuch hinterlassen könne. Ich habe das Gefühl, der erste Besucher seit einer Ewigkeit zu sein und der erste ausländische Besucher sowieso. Bezahlen darf ich im Übrigen nichts. Weder für den Eintritt, noch für die Führung.

Nebenstraße in Peshkopia

Nebenstraße in Peshkopia

Ich schlendere noch ein wenig durch die Nebenstraßen. Wie fast überall in Albanien säumen alte Bäume die Straßen und spenden angenehmen Schatten, viele kleine Geschäfte bieten ihre Waren feil. Große Ketten und Kaufhäuser sind hier noch gänzlich unbekannt.

Was mir jedoch das erste Mal in Albanien tatsächlich auffällt, ist das immer wieder erwähnte Müllproblem. Auch wenn die Straßen und Plätze so gut es geht sauber gehalten werden, so ist u.a. der kleine Fluss, der den Ort durchfließt, eine einzige Müllkippe und das Wasser nicht, wie gewohnt, herrlich blau, sondern milchig-grau.

Campingplatz in Peshkopia

Campingplatz in Peshkopia

Um halb zwölf bin ich zurück am Campingplatz und mache das Didimobil reisefertig. Ich bezahle 18,50€ für eine Nacht mit Strom und dem Drei-Gänge-Menü am gestrigen Abend, welches für sich allein schon den Preis gerechtfertigt hätte, und mache mich auf den Weg zum Ohrid-See. 146 Kilometer sind es bis Pogradec an der Südküste des Ohridsees, Google veranschlagt vier Stunden dafür. Durch Mazedonien sind es 30 Kilometer weniger, dafür geht es doppelt so schnell. Die Straße auf albanischer Seite, so habe ich von mehreren Personen schon gehört, sein in einem katastrophalen Zustand und selbst die Albaner fahren zum Ohridsee durch Mazedonien.

Das weite Hochtal der Dibra

Das weite Hochtal der Dibra

So fahre ich durch die Hochebene der Dibra, einer Region entlang des Schwarzen Drin, welcher im Ohridsee in Mazedonien entspringt, den Nordosten Albaniens durchfließt, sich dann mit dem Weißen Drin vereinigt und durch die Stauseen bei Fierzë und Koman letztendlich bei Shkodër an der Grenze zu Montenegro ins Mittelmeer mündet.

Grenze Albanien - Mazedonien

Grenze Albanien – Mazedonien

Nach einer halben Stunde Fahrzeit erreiche ich den albanischen Grenzposten. Die Grenzkontrolle geht zügig vonstatten, allerdings muss sich das Didimobil einer genaueren Kontrolle unterziehen. Ob ich irgendetwas zu verzollen dabei hätte, fragt der nette Grenzer. Nicht, dass ich wüsste; erst im Nachhinein fällt mir ein, dass das Didimobil eigentlich ein rollender Schnapsladen ist und es durchaus sein kann, dass man nur begrenzte Mengen an Alkohol über diese Nicht-EU-Grenze befördern darf. Es scheint zum Glück alles in Ordnung zu sein, ich werde freundlich per Handschlag verabschiedet, der Zöllner entschuldigt sich für das Prozedere und wünscht noch eine gute Fahrt. Die Einreise nach Mazedonien verläuft dann zügig und unspektakulär.

Willkommen in Mazedonien, des 22. Landes des Didimobils

Willkommen in Mazedonien, des 22. Landes des Didimobils

Mazedonien ist nach Liechtenstein im vergangenen Herbst das 22. europäische Land, welches das Didimobil mit Didi als Besitzer bereist. Kurz nach der Grenze befindet sich der Ort Debar, der namensgebend für die Region Dibra ist und vor der Grenzziehung zwischen Albanien und Mazedonien der Hauptort der Region war. Ab hier folgt die Straße dem zum Debar-See aufgestauten Schwarzen Drin durch eine enge Schlucht, umgeben von den höchsten Bergen der Region mit Gipfeln jenseits der 2.700-Meter-Marke.

Kraftwerk an der Talsperre des Dibra-Sees

Kraftwerk an der Talsperre des Dibra-Sees

In Dibar wird das Didimobil für 1,02€ pro Liter Diesel randvoll getankt, bezahlen kann man zum Glück mit Kreditkarte, denn ich habe (noch) kein mazedonisches Geld. Werde ich voraussichtlich auch nicht benötigen, schließlich plane ich, heute Abend wieder in Albanien zu sein.

Kurz hinter Dibra überquert die Straße die Talsperre am Dibra-See und führt danach entlang des langgezogenen Sees und anschließenden Flusslaufes des Schwarzen Drin. Die R1201 ist wenig befahren und in recht gutem Zustand, und erlaubt immer wieder herrliche Blicke auf die bewaldeten Berghänge und das grün schimmernde Wasser des Drin.

Oberlauf des Drin

Oberlauf des Drin

Nach einer guten Stunde erreiche ich Struga am Nordufer des bis zu 288 Meter tiefen Ohridsees, welcher seit 1979 zum UNESCO Weltnaturerbe gehört. Von hier aus besteht die Möglichkeit, entlang des Westufers auf albanischer Seite in den Süden nach Pogradec zu fahren oder entlang des mazedonischen Ostufers. Ich entscheide mich für Letzteres; wenn ich schon einmal hier bin, dann möchte ich auch noch etwas vom Land sehen. Entfernungsmäßig macht es kaum einen Unterschied.

Über eine Schnellstraße erreiche ich den größten Ort am Ohridsee, die namensgebende 40.000-Einwohner-Stadt Ohrid. Ich verlasse die Schnellstraße und fahre in die Stadt hinein, vielleicht gibt es ja eine schöne Promenade oder etwas, was zum Verweilen einlädt.

Ohrid mit Festungsanlage im Hintergrund

Ohrid mit Festungsanlage im Hintergrund

Jede Straße, die ich versuche Richtung See zu fahren, ist allerdings entweder eine Sackgasse oder versperrt. Laut Google kann man in der Nähe der alten Festungsanlage an den See fahren. Doch hier im Gewusel des Stadtzentrums sperren Polizisten die Zufahrt Richtung See ab, nur Anlieger scheinen passieren zu dürfen. An den nächsten Querstraßen das gleiche Bild. Mir ist das zu doof, weshalb ich beschließe, einfach weiterzufahren. Es wird auch noch andere Gelegenheiten geben, an den See zu gelangen.

Stadtzentrum von Ohrid

Stadtzentrum von Ohrid

Im weiteren Verlauf macht die Küstenstraße ihrem Namen alle Ehre und verläuft größtenteils direkt am Ufer des Sees. Viele kleine, sehr schmale Strandabschnitte laden zum Baden in einem der ältesten Seen der Welt ein. Viele kleine, touristisch geprägte Orte befinden sich entlang des zweitgrößten Sees des Balkans, ohne dass die Region einen überlaufenen Eindruck macht. Durch seine enorme Tiefe erreicht der See allerdings auch im Hochsommer selten Temperaturen über 24°C.

Küstenstraße am Ohridsee, Mazedonien

Küstenstraße am Ohridsee, Mazedonien

Gute zwanzig Autominuten südlich von Ohrid stoße ich bei Gradiste auf ein Hinweisschild zum Museum on Water. Es gibt einen kleinen Parkplatz mit einem schönen Blick auf den See, sodass ich einfach mal anhalte – eigentlich nur, um mir etwas zu Trinken von hinten zu holen.

Der Blick ist wirklich schön von hier oben, und unten im Wasser befinden sich mehrere Lehmhütten auf einer Plattform auf Stelzen. Während ich mir eine kühle Orangenbrause öffne, hält ein Reisebus auf dem Parkplatz an und eine Horde Rentner strömt hinaus. Diese Pfahlbauten müssen also etwas Besonderes sein, und da die Rentner keinerlei Anzeichen machen, dort hinunter gehen zu wollen, wage ich den steilen Weg hinunter zum Museum.

Blick auf das Museum auf dem Wasser

Blick auf das Museum auf dem Wasser

Zwei Euro kostet der Eintritt, ich benötige also gar kein mazedonisches Geld. Wie praktisch. Über einen Holzsteg erreicht man die auf Pfählen gegründete Plattform, auf der rund 15 Repliken von für den Ohridsee typischen Pfahlbauhäusern zu sehen sind. Etwa 1.000 vor Christus lebten die ersten Siedler am und vor allen Dingen auf dem Ohridsee, da die Häuser auf dem Wasser einen idealen Rückzugsort vor Feinden aller Art boten und die Menschen so lange Zeit ein politisch unabhängiges Leben führen konnten.

Museum on Water, Gradiste

Museum on Water, Gradiste

Nur vereinzelte Touristen finden den Weg hierher in die auch Bay of the Bones genannte Bucht, und auch, wenn die meisten der Lehmhütten leer sind, bieten die Aussenfassaden einen nicht alltäglichen Anblick und man kann sich durchaus vorstellen, wie das Leben vor dreitausend Jahren hier ausgesehen haben könnte.

Museum auf dem Wasser, Gradiste

Museum auf dem Wasser, Gradiste

Ein wenig erinnern die Ausblicke an die Südsee. Wären die Hütten bewohnbar, wären sie eine ideale Hotel- oder Ferienhauskolonie. 😉

Museum auf dem Wasser, Gradiste, Ohrid

Museum auf dem Wasser, Gradiste, Ohrid

Eine Stunde verweile ich auf der sehenswerten Anlage und genehmige mir im kleinen Museumscafé noch einen Café Frappé, der wider Erwarten weder kalt ist, noch sonderlich gut schmeckt. Das kenne ich von meinem Lieblingsgriechen und von meinem letzten Albanien-Aufenthalt ganz anders.

Inzwischen zieht von Norden her ein Gewitter auf, das gegenüberliegende Ufer ist teilweise bereits in tiefschwarze Wolken gehüllt. Dennoch wage ich einen Abstecher zum Kloster Sveti Naum. Dieses UNESCO Weltkulturerbe am Südostrand des Ohridsees an der Grenze zu Albanien gehört zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten Mazedoniens. Einen Euro kostet der Parkplatz, der Eintritt zu der weitläufigen Klosteranlage inklusive beliebtem Badestrand ist dafür kostenlos.

Badestrand am Kloster Sveti Naum

Badestrand am Kloster Sveti Naum

Nachdem man den Eingang durch die Klostermauer durchschritten hat, befindet man sich auf einer großen Plaza mit nicht enden wollenden Verkaufshütten mit Touristennepp auf der einen und einem breiten, gepflegten Sandstrand auf der anderen Seite. Die ersten Badegäste machen sich bereits auf den Heimweg, kommen das Gewitter und die dunklen Wolken doch rasch näher.

Ich gehe daher zügig weiter Richtung Kloster, welches sich im Innenhof eines modernen Hotels befindet, weshalb der Eingang nicht wirklich einfach zu finden ist.

Kloster Sveti Naum

Kloster Sveti Naum

Das Kloster selber ist eher klein, dafür bietet die Umgebung reichlich Sehenswertes. Mehrere Kirchen sind über das gesamte, parkähnliche Areal verteilt, einige zu Fuß erreichbar, andere widerum nur mit einem Boot-Shuttle. Ich schaue noch an der St. Petka-Kirche vorbei, da diese auf dem Weg liegt, und lasse erneut die malerisch gelegenen Restaurants links liegen. Eigentlich hätte ich schon ein wenig Hunger, und gemütlich sieht es hier überall aus, aber die heranziehenden Wolken sehen derart dunkel aus, dass ich befürchte, sie könnten den Rest des Tages nicht wieder aufhören zu regnen.

Kirche St. Petka, Sveti Naum

Kirche St. Petka, Sveti Naum

Shuttle-Boote, Sveti Naum

Shuttle-Boote, Sveti Naum

In einem der Trödelläden am Ausgang genehmige ich mir eine kalte Cola und begebe mich zurück zum Bulli. Irgendwie fühle ich mich gerade wie einer der typischen Japonesen-Touristen, bei denen derjenige gewinnt, der in der kürzest möglichen Zeit die meisten Sehenswürdigkeiten fotografiert. Bei mir hat das heute einen anderen Grund, denn kaum sitze ich im Bulli, fängt es auch tatsächlich an zu regnen. Punktlandung also.

Zurück in Albanien

Zurück in Albanien

Das Gewitter entpuppt sich als harmloser als angenommen, es regnet ein wenig und gewittert nur fünf Minuten vor sich hin, danach nieselt es nur noch für eine knappe halbe Stunde. Der Grenzübertritt zurück nach Albanien verläuft gewohnt unspektakulär.

Zehn Minuten später erreiche ich den albanischen Touristenort Tushemisht am Südufer des Ohridsees. Hier stehen viele Hotels, die Straßen sind gesäumt mit Bars und Restaurants. Einzig wie an so vielen Orten in Albanien fehlen die Touristen. Andererseits sticht hier – anders als auf mazedonischer Seite – das bereits angesprochene Müllproblem wieder ins Auge: Gerade am Strand finden sich viele angeschwemmte Plastikverpackungen und -tüten, Milchtüten und sonstiger Unrat, was nicht gerade zum Baden einlädt.

Arbi Campingplatz Tushemisht

Arbi Campingplatz Tushemisht

Der Campingplatz Arbi liegt am Rande von Tushemisht und verfügt über einen eigenen, sehr kleinen Strandabschnitt. Obwohl der Strand hier jeden Morgen gereinigt und gesäubert wird, sind jetzt am Abend auch hier Abfallreste angeschwemmt worden. Die Region um den Ohridsee bietet unheimlich viel Potenzial und hat eine bereits gut ausgebaute touristische Infrastruktur (abgesehen von den Landverbindungen hierher…), aber solange das Problem mit dem Müll bestehen bleibt, wird sich auch gerade in Bezug auf westeuropäische Touristen hier leider nur wenig entwickeln.

Arbi Camping Tushemisht am Abend

Arbi Camping Tushemisht am Abend

Auf dem Campingplatz genehmige ich mir ein leckeres Abendessen; es gibt Fleisch frisch vom Grill, dazu einen großen leckeren Bauernsalat und ein oder zwei kühle Bier. Hier kann man es aushalten, und auch die Temperaturen sind am Abend erfrischend kühl. Schließlich liegt der Ohridsee auf 695 m.ü.A.

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